Im Interview mit Miriam Schöpp, Speakerin beim Deutschen Weiterbildungsleitungskongress 2024 in Düsseldorf.
Wie können Unternehmen den Weiterbildungsbedarf ihrer Mitarbeitenden ermitteln und sicherstellen, dass die angebotenen Programme relevant und effektiv sind?
Aufbauend auf der Unternehmensstrategie – wohin will das Unternehmen, will es wachsen, sind Technologieentwicklungen absehbar oder Bereiche, in denen die Geschäftstätigkeit eingestellt wird – sollte analysiert werden, ob für die Realisierung der Unternehmensziele eine ausreichende Anzahl von Mitarbeitenden mit den entsprechenden Qualifikationen vorhanden sind. (Personalbedarfsanalyse)
Im nächsten Schritt würde man den Weiterbildungsbedarf analysieren: Welche Mitarbeiter haben welche Kompetenzen, wie könnten diese weiterentwickelt werden, um den zukünftigen Herausforderungen zu entsprechen und wen könnte man eventuell auch in ganz andere Bereiche qualifizieren? Das findet man z.B. in Mitarbeiter-Gesprächen, Befragungen, Interviews oder gesonderten Weiterbildungsgesprächen heraus. Dazu gehören auch regelmäßige Erfolgsmessungen (z.B. Anwendung des Gelernten im Arbeitsalltag, Produktivitätssteigerungen oder Zufriedenheitsgrad der Mitarbeitenden).
Welche Methoden und Ansätze empfehlen Sie, um die Motivation der Mitarbeitenden für lebenslanges Lernen zu fördern?
Lernen sollte personalisiert und auf die individuellen Ziele und Karriereambitionen der Mitarbeitenden zugeschnitten sein. Flexible und praxisnahe Lernformate (z.B. Micro-Learning, E-Learning oder Blended Learning) helfen, die Motivation zu steigern. Vor allem „lernentwöhnten“ Mitarbeiter helfen Erfolgserlebnisse. Beim Lernen auch Spaß zu haben – z.B. durch eingebaute „Gamification“-Elemente – kann die Motivation steigern und das Lernen unterhaltsamer gestalten. Mitarbeitende sollten motiviert werden, von ihren Lernerfahrungen zu berichten und andere daran teilhaben zu lassen (Wissenstransfer), das stärkt Selbstvertrauen und motiviert.
Wie kann eine Veränderung der Weiterbildungskultur in einem Unternehmen erfolgreich umgesetzt werden?
Wenn man eine Veränderung der Lernkultur anstrebt, ist es ebenfalls hilfreich, sich die vorhandene Lernkultur anzuschauen und zu analysieren, wo man schon gut aufgestellt ist und wo man sich weiter entwickeln möchte. Eine (langfristige) Weiterbildungsstrategie, ein festes Weiterbildungsbudget und auch feste Zeiten für Weiterbildung helfen da. Eine Veränderung beginnt mit der Führungsebene. Führungskräfte sollten die Bedeutung von Weiterbildung kommunizieren und sie aktiv unterstützen. Mitarbeitende sollten in den Veränderungs-Prozess eingebunden werden, damit sie verstehen, warum Weiterbildung wichtig ist und welchen Nutzen sie für sie und das Unternehmen hat. Ihre Rückmeldungen und Wünsche erhöhen die Akzeptanz und fördern die Eigenverantwortung.
Welche Unterstützungsmöglichkeiten gibt es für Unternehmen, die ihre Weiterbildungsstrategien verbessern möchten?
Die Bundesagentur für Arbeit berät Unternehmen zum Thema Weiterbildung und fördert sie unter bestimmten Voraussetzungen. Gefördert werden Maßnahmen, die einen drohenden Jobverlust verhindern, in einem Engpassberuf stattfinden oder wegen des (digitalen) Strukturwandels notwendig sind. Die Höhe der Förderung ist unter anderem abhängig von der Betriebsgröße. Die Bundesagentur für Arbeit gewährt Zuschüsse zu den Lehrgangskosten und Zuschüsse zum Arbeitsentgelt. Wenn Geringqualifizierte einen Berufsabschluss nachholen, kann das Arbeitsentgelt, das sie während der Zeit erhalten, in der sie in Berufsschule oder bei einem Bildungsträger lernen, zu 100 Prozent erstattet werden. Zudem ist eine Förderung auch während Kurzarbeit möglich. Der digitale Weiterbildungslotse auf den Seiten des BMAS hilft in einfachen Schritten dabei herauszufinden, in welcher Höhe bezuschusst werden kann.
Eine weitere Möglichkeit ist der Wissensaustausch im Unternehmen. Mitarbeitende verfügen über zahlreiche Kompetenzen, die sie an andere Mitarbeitende weitergeben können. Außerdem lernen viele Menschen neue Dinge, indem sie sie im Arbeitsalltag ausführen und optimieren. Damit auch andere Mitarbeitende von diesem Knowhow profitieren können, ist es wichtig, dass es im Unternehmen die Möglichkeit gibt, sich darüber auszutauschen. Zum Beispiel in Lerntandems, über Mentoring-Programme oder eine Liste mit Ansprechpartnern, die Experten zu bestimmten Themen sind.
Miriam Schöpp
Miriam Schöpp ist seit 2020 als Referentin Berufliche Bildung beim KOFA, dem Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (angesiedelt beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln) beschäftigt. Mit ihren Schwerpunktthemen Aus- und Weiterbildung unterstützt sie im KOFA die Erstellung von neuen Inhalten auf www.kofa.de und ist als Vortragende und Impulsgeberin bei vielen Institutionen wie IHK, HWK oder Wirtschaftsförderungen gefragt. Erfahrungen mit der dualen Ausbildung bringt sie aus vorherigen Tätigkeiten als Ausbildungsvermittlerin einer IHK und vor allem als langjährige Ausbilderin und Ausbildungskoordinatorin eines Chemie-Unternehmens mit. Eine Business-Coaching Ausbildung rundet ihr Profil ab.
Treffen Sie Frau Schöpp auf dem DWLK am Montag, 04. November 2024 um 11:45 Uhr bei ihrem Vortrag „Mit betrieblicher Weiterbildung nachhaltig Fachkräfte sichern“ und am Dienstag, 05. November 2024 um 13:30 Uhr bei ihrem Vortrag „Wer kann was?“.